Teil 2: Mit der „Graf Zeppelin“ und einem blinden Passagier nach Amerika Skizze von Erika Mann auf einem Blatt des "Stoffel"-Manuskripts, Bleistift auf Papier, 1932/33. Quelle: Münchner Stadtbibliothek / Monacensia, Sign. L 1374. Von Mareike Wöhler
Heute heben wir ab! Am letzten Freitag hatte ich an dieser Stelle in Teil 1 bereits von der Beteiligung des Team Deutsches Museum Digital an der digitalen Vernetzungsaktion #Erika Mann der Monacensia berichtet und Erika Manns Kinderbuch „Stoffel fliegt übers Meer“ vorgestellt. Hierbei stellte sich heraus, dass die Autorin für ihre Erzählung auf reale Fahrzeuge und Ereignisse Bezug nahm, die auch für die Technikgeschichte und das Deutsche Museum relevant sind. So fuhr Stoffel mit seinem an den Raddampfer „Luitpold“ gehängtem Ruderboot über den Blaubergsee – das Modell des Raddampfers gehört zum Bestand des Deutschen Museums.###MORE### Bereits berichtet wurde unter anderem schon von der Ansichtskarte mit Luftschiff aus dem Zeppelin Museum und einem Bärtierchen vor dem Luftschiff LZ 129 „Hindenburg“. Heute soll es im zweiten Teil nun endlich um eine Reise mit dem Zeppelin gehen. Diese war bereits auf dem Titelbild des „Stoffels“ im ersten Teil zu sehen. Erika Manns Interesse für Fahrzeuge wird auch anhand dieser Skizze aus dem Manuskript des „Stoffel“ deutlich, das im Erika-Mann-Archiv im Literaturarchiv der Stadtbibliothek München / Monacensia aufbewahrt wird: Sie zeichnete auf die Rückseite eines Blatts aus ihrem Manuskript mit Bleistift mehrere Luftschiffe und wohl auch Stoffel, wie er … Doch der Reihe nach! Das erste Luftschiff, die britische R34, überquerte bereits 1919 den Atlantik. Zehn Jahre später, vom 7. bis 29. August 1929, umrundete das nach dem Entwickler und Begründer des Starrluftschiffbaus benannte Luftschiff LZ 127 „Graf Zeppelin“ in vier Etappen sogar die Welt. Ferdinand von Zeppelin (1838–1917) widmete dem Deutschen Museum übrigens neun Bücher, die heute in der Bibliothek des Museums aufbewahrt werden, doch das nur nebenbei. In Erika Manns Kinderbuch verdient die Familie des kleinen Stoffels wegen der ausbleibenden Fische und der Tagesausflügler, die am fiktiven Blaubergsee lieber Dampfschiff als Kahn fahren wollen, kaum noch Geld. Ein reicher Onkel aus Amerika hat sie schon mehrfach zu sich eingeladen, unterstützt sie aber seit einer Absage nicht mehr. Daher versteckt sich Stoffel im Kapitel „Stoffel spricht ein ernstes Wort“ eines Tages im Frachtraum des Zeppelins in einem Postsack, um ihn in Amerika zu besuchen: „Nur ein paar Ansichtskarten hatte er bei sich behalten, die hielt er sich über den Kopf und vor die Brust, damit jemand, der an ihn nur flüchtig streifte, nicht gleich merken sollte, daß dies eigentlich kein Postsack mehr war.“ (S. 51) Ein reales Ereignis vier Jahre vor Veröffentlichung des „Stoffel“ hatte Einfluss auf die Erzählung der Autorin: 1928 schmuggelte sich ein 19-jähriger blinder Passagier in das Luftschiff LZ 127 „Graf Zeppelin“, das dann 1929 die erste Weltumrundung machen sollte. Clarence Terhune war ein nordamerikanischer Golfjunge aus St. Louis, Missouri, der dort heimlich als „Anhalter“ an Bord ging, weil er die Welt sehen wollte, wie die New York Times am 30.10.1928 berichtete. Der erste blinde Passagier eines Transatlantikflugs war er jedoch nicht, auch wenn dies die New York Times damals behauptete. Bereits 1919 hatte sich nämlich ein 22-jähriger blinder Passagier in das bereits erwähnte Luftschiff R34 geschmuggelt, das als erstes über den Atlantik flog. Dieser blinde Passagier hieß William Ballantyne und war ein Besatzungsmitglied. Weil ein Beobachter dem ihm zugedachten Platz bekam, wurde er kurzfristig von der Liste der Mitreisenden gestrichen. Am ersten Tag des Flugs wurde er am Nachmittag entdeckt. Da befand sich das Luftschiff bereits über dem Ozean, weshalb er nicht per Fallschirm abgeworfen werden konnte. Die Rückreise musste er per Schiff antreten. Doch zurück zu den realen Ereignissen des Jahres 1928 in der „Graf Zeppelin“: In der Morgen-Ausgabe des Berliner Tageblatts vom 30. Oktober 1928 wird nun wie folgt berichtet: „Von den Passagieren des Luftschiffes sind sieben ‚Greenhorns‘, alle übrigen Veteranen. Im übrigen hat man neben 48 Postsäcken 341 Pfund Fracht mitgenommen. Das interessanteste Frachtgut dürfte neben einem sechs Wochen alten Hund und einem Quantum Bazillen für deutsche Forschungsinstitute ein blinder Passagier sein, von dem man zuerst annahm, dass es der bekannte amerikanische Sportsmann Connolly sei. Seine Freunde hatten schon allerlei Befürchtungen, dass er – für den Fall, dass ihre Vermutung zuträfe – von Dr. Eckener einfach über Bord geworfen würde. Nach Funkmeldungen von Zeppelin ist der ‚Blinde‘ jedoch ein 19-jähriger Botenjunge aus New-York. Er ist sehr freundlich aufgenommen worden, als er entdeckt wurde. Wegen dieser Tatsache haben witzige New-Yorker ihn zum ‚Monopolblinden‘ gemacht. In jedem Fall hatten die Zeitungen eine interessante ‚story‘.“ In der Morgenausgabe der Vossischen Zeitung vom 31.10.1928 findet sich unter der Hauptüberschrift „Graf Zeppelin“ auf der zweiten Weghälfte“ eine verblüffende Fortführung der Geschichte: „Blinder Passagier – ein neuer Sport“: „Amerikanische Blätter, die sich weiterhin intensiv mit dem jungen Terhune, der sich als blinder Passagier an Bord des Zeppelin eingeschmuggelt hat, beschäftigen, berichten in diesem Zusammenhang auch von seinen früheren Abenteuern. Terhune hat es schon verschiedene Male verstanden, sich mit großer Geschicklichkeit zu Veranstaltungen, die ihn besonders interessierten, Zutritt zu verschaffen. So schmuggelte er sich im letzten Sommer in der Uniform eines Platzanweisers zu dem Kampf Henney–Tunney (= der Boxkampf Thomas Heeney gegen Gene Tunney am 26. Juli 1928 in New York) ein. Als von San Francisco ein neuer Dampfer zum erstenmal nach Honolulu auslief, hatte er Terhune ebenfalls als blinden Passagier an Bord. Nur einmal hatte Terhune, der als Golfjunge von Turnier zu Turnier ganz Amerika durchwandert hat, Pech. Als er sich auf einem nach Alaska bestimmten Dampfer eingeschmuggelt hatte, war dieses Schiff das letzte des Sommers gewesen, und Terhune mußte den Winter in Alaska verbringen.“ Stoffel bei der Rettungsaktion, Illustration von Richard Hallgarten, in: Erika Mann, Stoffel fliegt übers Meer, Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, 4. Aufl. 2018, S. 75, aus der Erstausgabe von 1932. Illustration mit freundlicher Genehmigung des Rowohlt Verlags. Nachdem Stoffel während des Flugs entdeckt wird, rettet er erst einmal die Reisenden: Er repariert eine Höhensteuerleine, die sich verklemmt hat. Dazu ist er als einziger im Stande, weil er nur 36 kg wiegt und nur 1,28 m groß ist. Ein höheres Gewicht hätte die Außenhülle des Zeppelins nicht ausgehalten (S. 73, 75). Dabei hängt er kurzzeitig an einer Leine des Zeppelins in der Luft – das sieht man in der eingangs präsentierten Skizze in Erika Manns Manuskript. Möglicherweise hatte sie Ricky Hallgarten, der die Illustrationen im „Stoffel“ anfertigte, anhand der Skizze ihre Geschichte erzählt. Am Ende der Rettungsaktion sagt der Kapitän zu Stoffel: „Du bist ein mutiger Zwerg.“ (S. 76) Und damit zeigt sich einmal mehr, dass Mut nichts mit Alter oder Größe zu tun hat, wie dies ja auch bei Pippi Langstrumpf oder dem Bärtierchen der Fall ist, das von München bis nach Friedrichshafen gereist ist (vgl. Teil 1). Anfang des 20. Jahrhunderts bekam man mit so einer „Anhalter“-Aktion viel mediale Aufmerksamkeit. Zeitungen aus aller Welt berichteten über die blinden Passagiere, die oftmals ihr Leben riskierten. Überlebten sie die Aktion, war ihnen Ruhm und Ehre gewiss. Brettspiel „Der blinde Passagier im Zeppelin“, Zeppelin Museum.
Foto: Tatjana Dietl. Im Zeppelin Museum in Friedrichshafen wird ein Brettspiel „Der blinde Passagier im Zeppelin“ ausgestellt, auf dem ein Junge wie Baron Münchhausen auf der Kanonenkugel auf einem Zeppelin durch die Lüfte reitet. Zwar ist das Jahr der Herstellung des Spiels nicht bekannt, doch legt die verwendete Typografie in Schreibschrift und Stickoptik nahe, dass es in den späten 1920ern oder frühen 1930ern hergestellt wurde. In Anbetracht der medialen Aufmerksamkeit, die Clarence erhielt, wird es zeitnah zu seiner Reise hergestellt worden sein. Vielleicht kannte Erika Mann dieses Spiel neben den Zeitungsnachrichten – oder wurde das Spiel vielleicht sogar von ihrem Buch beeinflusst? Zum Zeitpunkt von Terhunes Reise war Erika Mann erst wenige Monate – Mitte Juli – von der Weltreise mit ihrem Bruder Klaus nach Deutschland zurückgekehrt, von der ich im ersten Teil erzählte. Auch Stoffel wird nach seiner Entdeckung zum Küchenjungen befördert – ebenso wie der echte blinde Passagier Terhune, der die restliche Zeit mit dem Schälen von Kartoffeln und ähnlichen Aufgaben verbringen musste. Bereits während des Rückflugs nach Friedrichshafen erhält er jedoch Stellenangebote, wie in der Abendausgabe der Berliner Börsen-Zeitung vom 31.10.1928 berichtet wird: Die Aachener Zweigstelle der Firma Leonhard Tietz A.-G., eine damals bekannte Warenhauskette, bietet ihm eine sofortige Anstellung in ihrem Geschäft an. Die Hamburger Firma Carl Hagenbeck, bekannt für Tierpark, Zirkus und Völkerschauen, will ihn als Raubtierdompteur anstellen. Nach einer kurzzeitigen Festnahme wegen fehlendem Pass nach der Landung wurde er in der Presse gefeiert. Sich ihren Lebensunterhalt und die Reisekosten zu verdienen, das war auch für die Geschwister Erika und Klaus Mann während ihrer Weltreise ein Thema. Sie hielten sich mit Vorträgen, der Herstellung von Artikeln in der „Aufsatzfabrik“, dem Verkauf von Fotos und mit per Telegramm angefordertem Geld von Freunden und Familie über Wasser. Vor Beginn der Reise hatten sie sich als Zwillinge ausgegeben, da man ihnen sagte, dass jeder in Amerika einen Spleen habe müsse. Es fiel ihnen kein anderer ein. In der Zeitung The World vom 21. Oktober 1927 werden sie daher als „Thomas Mann’s Twin Children Arrive for America Tour“ angekündigt. In dem von den Geschwistern über die Reise verfassten Buch „Rundherum“ schildern beide, wie sie mit dem Transatlantikliner in New York ankommen. (S. 11) Während Stoffels Zeppelinflug erfolgt die Rezeption der Reise bereits in der Luft: „die Zeitungsschreiber (…) schrieben schöne Aufsätze über die ganze Reise, und vielleicht würde sogar er, Stoffel, drin vorkommen, wenn er artig wäre.“ (S. 84) Als der Zeppelin mit den Passagieren und Stoffel schließlich sicher in New York landet, berichtet die (fiktive) Deutsche Staatszeitung darüber: „‚Christoph entdeckt Amerika zum zweitenmal … Tapferer kleiner Deutscher rettet Luftschiff aus schwerer Gefahr … Des kleinen Christoph Bartel Todesritt … Stoffel überm Meer!‘“: (S. 103) Luftschiff LZ 127 „Graf Zeppelin“, Modell, 1928, Maßstab 1:250, Inv.-Nr. 76474. Foto: Deutsches Museum / K. Mosch. Das Deutsche Museum besitzt zwei Modelle der 237 Meter langen „Graf Zeppelin“, die eine Höchstgeschwindigkeit von 110 Kilometer in der Stunde erreichen konnte. Neben einem Modell mit dem Maßstab 1:50 (DMO, Inv.-Nr. 73970) gibt es auch ein kleineres Modell im Maßstab 1:250, das knapp einen Meter lang ist. Beide Modelle wurden 1928 bis 1937 in Friedrichshafen gebaut. Und es gibt sogar noch originale Stücke des Bespannstoffs der „Graf Zeppelin“, die im Deutschen Museum aufbewahrt und zum Teil auch ausgestellt werden (DMO, Inv.-Nr. 80505). Stück vom Bespannstoff des Luftschiffes LZ 127 "Graf Zeppelin", Friedrichshafen, ca. 1936, Deutsches Museum, Inv.-Nr. 80505. Foto: Deutsches Museum / A. Göttert. Die Hülle des Luftschiffs bestand laut Angaben des früheren Kurators des Fachgebiets „Historische Luftfahrt“, Hans Holzer, aus einem 110g/m² schweren Baumwollstoff. Dieser wurde nach der Aufbringung auf das Gestell des Luftschiffs zur Glättung mehrmals mit dem transparenten Spannlack Cellon angestrichen, einem Gemisch aus Celluloseacetat und Campher. Das Cellon war mit Aluminiumpulver vermengt, damit das Sonnenlicht reflektiert wurde, um eine zu hohe Erwärmung des Luftschiffs und vor allem seines Gases zu vermeiden. Auch galt es, Nässe abzuhalten , damit das Luftschiff nicht zu schwer wird. Bereits beim Anblick des Stoffstücks kann man sich vorstellen, wie schön silbrig das Luftschiff bei Sonnenschein am Himmel geglänzt haben muss. Zeppelin-Bugspitze des Luftschiffs LZ 127, Deutsches Museum, Inv.-Nr. 70696. Foto: Deutsches Museum / C. IIling. Und dann bewahrt das Deutsche Museum noch ein großes Objekt auf, das bis auf die Aluminiumspitze mit einem solchen Stoff bespannt war: Die originale Bugspitze des Luftschiffs LZ 127 „Graf Zeppelin“ (DMO, Inv.-Nr. 70696). Die Bugspitze der "Graf Zeppelin" konnte 1940 während der Verschrottung des Luftschiffs gerettet werden. Heute hängt sie im Deutschen Museum in der Ausstellung „Historische Luftfahrt“ an der Decke. Die Bugspitze soll in der neu geplanten Ausstellung „Historische Luftfahrt (bis 1918)“ im Deutschen Museum virtuell belebt werden. Und nun sehen wir noch einmal nach, was Stoffel in der Zwischenzeit tut: „Er schaute aus dem Fenster und über den See. Am anderen Ufer, drüben, wo die Sonne unterging, gab es ein großes Glitzern und Leuchten, als ob da lauter Spiegel wären, die strahlten das Licht zurück. Stoffel wußte aber, daß es nur das Blechdach der riesenhaften Halle war, die man für das Luftschiff gebaut hatte, damit es darin ausruhen könnte nach langem Flug.“ (S. 19) Hier wurden die Zeppeline gebaut: In der Werft der Luftschiffbau Zeppelin GmbH in Friedrichshafen am Bodensee, Diorama, Deutsches Museum, München 1958, DMO, Inv.-Nr. 73927. Foto: Deutsches Museum. Wo und wie die Zeppeline 1926 gebaut wurden, kann man sich im Deutschen Museum an dem Diorama „Zeppelin-Luftschiffwerft in Friedrichshafen“ genauer ansehen, das 1958 angefertigt wurde (DMO, Inv.-Nr. 73927). Genaueres zu diesem und vielen weiteren Dioramen findet man in einem umfangreichen Dioramenkatalog des Deutschen Museums , der 2017 erschien. Zeppelin Museum, Friedrichshafen, 2020. Foto: Tatjana Dietl Heute befindet sich im ehemaligen Hafenbahnhof in Friedrichshafen am Bodensee das Zeppelin Museum. Wer jetzt noch mehr zum Thema Zeppelin wissen möchte, der kann sich die Ausstellung „Vernetzung der Welt. Pionierfahrten und Luftverkehr über den Atlantik“ ansehen, die anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der ersten Nordatlantiküberquerung mit einem Luftschiff konzipiert wurde. Da jedoch seit ein paar Tagen in Deutschland wegen COVID-19 alles anders ist, haben Museen geschlossen; für wie lange ist ungewiss. Doch ist das Konzept der Ausstellung auch online verfügbar: Ein drei Meter langes, interaktives Schnittmodell des Luftschiffs R34, das 1919 als erstes den Atlantik überquerte, bildet den Mittelpunkt einer multimedialen Inszenierung. Dort steht auch die Backbordmotorgondel der „Graf Zeppelin“. Außerdem lassen sich die Stationen der Weltumrundung im Blog des Zeppelin Museums nachlesen. Zeugnisse von analoger Kommunikation über den Atlantik: An Adressen in Deutschland aus dem „Graf Zeppelin“ gesendete Briefpost aus Bolivien und Uruguay, 1932 und 1936, zu sehen in der Wunderkammer des Zeppelin Museums, Friedrichshafen. Foto: Tatjana Dietl. In der dortigen Wunderkammer wird anhand von originalen Briefen gezeigt, wie weit die „Graf Zeppelin“ später noch geflogen ist: 1932 und 1936 gab es Südamerikafahrten, wovon Luftpost zeugt, die mit dem Zeppelin nach Deutschland transportiert wurde – vielleicht in einem Sack wie dem, in dem sich Stoffel auf seiner Reise nach Amerika versteckt hatte. Und damit schließlich noch einmal zurück zu den Beständen des Deutschen Museums: Denn wie der erste Teil begonnen wurde, so endet er auch: Mit dem analogen Kommunikationsmedium Postkarte, das an das Deutschen Museum gesendet wird: Die Postkarte, die Oskar von Miller am 28. September 1929 an seine Mitarbeiter im Deutschen Museum schrieb und als „Luftschiffpost“ deklariert aus der „Graf Zeppelin“ warf, Deutsches Museum, Archiv, HS 8081. Foto: Deutsches Museum / R. Krause. Am 28. September 1929 fuhr der Gründer des Deutschen Museums, Oskar von Miller (1855–1934), vermutlich ab Friedrichshafen mit der „Graf Zeppelin“. Dies ist bekannt, weil er aus dem Luftschiff über München eine Postkarte warf, auf der er um 8:30 Uhr seinen Mitarbeitern – meine Kollegen in der Vergangenheit (damals ganz überwiegend Männer) – herzliche Grüße ausrichtete. Vorder- und Rückseite der Hülle, in der die Postkarte über München aus dem Zeppelin geworfen wurde. Foto: Deutsches Museum / R. Krause. Der Finder hat die Karte dann wahrscheinlich – wie vom Museumsdirektor auf dem Umschlag vorgeschlagen – persönlich beim Museum vorbeigebracht, wo sie bis heute im Archiv aufbewahrt wird (Deutsches Museum, Archiv, HS 8081). Siehe hierzu auch den Blogbeitrag zum 10. „Tag der Archive“ am 7. März 2020 zum Thema „Von der Depesche zur E-Mail“ . Was Oskar von Miller konnte, das können Sie doch auch: Schreiben Sie Ihren Omas und Opas, wenn Sie sie jetzt schon nicht besuchen können! Schreiben Sie Ihren Nichten und Neffen, die sich vor lauter Schulfrei langweilen! Schreiben Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen, die im Homeoffice sind, damit Sie noch etwas Haptisches voneinander haben! Oder werfen Sie noch einmal wieder eine Flaschenpost ins Wasser und schauen Sie, bei wem sie ankommt. Helfen Sie sich gegenseitig und bleiben Sie alle gesund! Solidarität hätte auch Erika Mann gefallen: „Das einzige ‚Prinzip‘, an das ich mich halte, ist mein hartnäckiger Glaube an einige grundlegende moralische Ideale – Wahrheit, Ehre, Anstand, Freiheit, Toleranz.“ (Erika Mann, 1943) Literatur:
Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Steigt man in der Ausstellung „Schifffahrt“ die Treppe am Ewer "Maria" herab, so gelangt man in das etwas verborgene Untergeschoss. Dort kann man bei Möwengekreisch auf dem Deck eines Passagierschiffs in Liegestühlen auf die Nordsee vor Helgoland schauen und sich in die Ferne sehnen. Gleich um die Ecke sieht man, mit welchen
Navigations- und Zeitmessinstrumenten die Seefahrer auf den sieben Weltmeeren jahrhundertelang den Kurs hielten.
Heute heben wir ab! Am letzten Freitag hatte ich an dieser Stelle in Teil 1 bereits von der Beteiligung des Team Deutsches Museum Digital an der digitalen Vernetzungsaktion #Erika Mann der Monacensia berichtet und Erika Manns Kinderbuch „Stoffel fliegt übers Meer“ vorgestellt. Hierbei stellte sich heraus, dass die Autorin für ihre Erzählung auf reale Fahrzeuge und Ereignisse Bezug nahm, die auch für die Technikgeschichte und das Deutsche Museum relevant sind. So fuhr Stoffel mit seinem an den Raddampfer „Luitpold“ gehängtem Ruderboot über den Blaubergsee – das Modell des Raddampfers gehört zum Bestand des Deutschen Museums.###MORE### Bereits berichtet wurde unter anderem schon von der Ansichtskarte mit Luftschiff aus dem Zeppelin Museum und einem Bärtierchen vor dem Luftschiff LZ 129 „Hindenburg“. Heute soll es im zweiten Teil nun endlich um eine Reise mit dem Zeppelin gehen. Diese war bereits auf dem Titelbild des „Stoffels“ im ersten Teil zu sehen. Erika Manns Interesse für Fahrzeuge wird auch anhand dieser Skizze aus dem Manuskript des „Stoffel“ deutlich, das im Erika-Mann-Archiv im Literaturarchiv der Stadtbibliothek München / Monacensia aufbewahrt wird: Sie zeichnete auf die Rückseite eines Blatts aus ihrem Manuskript mit Bleistift mehrere Luftschiffe und wohl auch Stoffel, wie er … Doch der Reihe nach! Das erste Luftschiff, die britische R34, überquerte bereits 1919 den Atlantik. Zehn Jahre später, vom 7. bis 29. August 1929, umrundete das nach dem Entwickler und Begründer des Starrluftschiffbaus benannte Luftschiff LZ 127 „Graf Zeppelin“ in vier Etappen sogar die Welt. Ferdinand von Zeppelin (1838–1917) widmete dem Deutschen Museum übrigens neun Bücher, die heute in der Bibliothek des Museums aufbewahrt werden, doch das nur nebenbei. In Erika Manns Kinderbuch verdient die Familie des kleinen Stoffels wegen der ausbleibenden Fische und der Tagesausflügler, die am fiktiven Blaubergsee lieber Dampfschiff als Kahn fahren wollen, kaum noch Geld. Ein reicher Onkel aus Amerika hat sie schon mehrfach zu sich eingeladen, unterstützt sie aber seit einer Absage nicht mehr. Daher versteckt sich Stoffel im Kapitel „Stoffel spricht ein ernstes Wort“ eines Tages im Frachtraum des Zeppelins in einem Postsack, um ihn in Amerika zu besuchen: „Nur ein paar Ansichtskarten hatte er bei sich behalten, die hielt er sich über den Kopf und vor die Brust, damit jemand, der an ihn nur flüchtig streifte, nicht gleich merken sollte, daß dies eigentlich kein Postsack mehr war.“ (S. 51) Ein reales Ereignis vier Jahre vor Veröffentlichung des „Stoffel“ hatte Einfluss auf die Erzählung der Autorin: 1928 schmuggelte sich ein 19-jähriger blinder Passagier in das Luftschiff LZ 127 „Graf Zeppelin“, das dann 1929 die erste Weltumrundung machen sollte. Clarence Terhune war ein nordamerikanischer Golfjunge aus St. Louis, Missouri, der dort heimlich als „Anhalter“ an Bord ging, weil er die Welt sehen wollte, wie die New York Times am 30.10.1928 berichtete. Der erste blinde Passagier eines Transatlantikflugs war er jedoch nicht, auch wenn dies die New York Times damals behauptete. Bereits 1919 hatte sich nämlich ein 22-jähriger blinder Passagier in das bereits erwähnte Luftschiff R34 geschmuggelt, das als erstes über den Atlantik flog. Dieser blinde Passagier hieß William Ballantyne und war ein Besatzungsmitglied. Weil ein Beobachter dem ihm zugedachten Platz bekam, wurde er kurzfristig von der Liste der Mitreisenden gestrichen. Am ersten Tag des Flugs wurde er am Nachmittag entdeckt. Da befand sich das Luftschiff bereits über dem Ozean, weshalb er nicht per Fallschirm abgeworfen werden konnte. Die Rückreise musste er per Schiff antreten. Doch zurück zu den realen Ereignissen des Jahres 1928 in der „Graf Zeppelin“: In der Morgen-Ausgabe des Berliner Tageblatts vom 30. Oktober 1928 wird nun wie folgt berichtet: „Von den Passagieren des Luftschiffes sind sieben ‚Greenhorns‘, alle übrigen Veteranen. Im übrigen hat man neben 48 Postsäcken 341 Pfund Fracht mitgenommen. Das interessanteste Frachtgut dürfte neben einem sechs Wochen alten Hund und einem Quantum Bazillen für deutsche Forschungsinstitute ein blinder Passagier sein, von dem man zuerst annahm, dass es der bekannte amerikanische Sportsmann Connolly sei. Seine Freunde hatten schon allerlei Befürchtungen, dass er – für den Fall, dass ihre Vermutung zuträfe – von Dr. Eckener einfach über Bord geworfen würde. Nach Funkmeldungen von Zeppelin ist der ‚Blinde‘ jedoch ein 19-jähriger Botenjunge aus New-York. Er ist sehr freundlich aufgenommen worden, als er entdeckt wurde. Wegen dieser Tatsache haben witzige New-Yorker ihn zum ‚Monopolblinden‘ gemacht. In jedem Fall hatten die Zeitungen eine interessante ‚story‘.“ In der Morgenausgabe der Vossischen Zeitung vom 31.10.1928 findet sich unter der Hauptüberschrift „Graf Zeppelin“ auf der zweiten Weghälfte“ eine verblüffende Fortführung der Geschichte: „Blinder Passagier – ein neuer Sport“: „Amerikanische Blätter, die sich weiterhin intensiv mit dem jungen Terhune, der sich als blinder Passagier an Bord des Zeppelin eingeschmuggelt hat, beschäftigen, berichten in diesem Zusammenhang auch von seinen früheren Abenteuern. Terhune hat es schon verschiedene Male verstanden, sich mit großer Geschicklichkeit zu Veranstaltungen, die ihn besonders interessierten, Zutritt zu verschaffen. So schmuggelte er sich im letzten Sommer in der Uniform eines Platzanweisers zu dem Kampf Henney–Tunney (= der Boxkampf Thomas Heeney gegen Gene Tunney am 26. Juli 1928 in New York) ein. Als von San Francisco ein neuer Dampfer zum erstenmal nach Honolulu auslief, hatte er Terhune ebenfalls als blinden Passagier an Bord. Nur einmal hatte Terhune, der als Golfjunge von Turnier zu Turnier ganz Amerika durchwandert hat, Pech. Als er sich auf einem nach Alaska bestimmten Dampfer eingeschmuggelt hatte, war dieses Schiff das letzte des Sommers gewesen, und Terhune mußte den Winter in Alaska verbringen.“ Stoffel bei der Rettungsaktion, Illustration von Richard Hallgarten, in: Erika Mann, Stoffel fliegt übers Meer, Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, 4. Aufl. 2018, S. 75, aus der Erstausgabe von 1932. Illustration mit freundlicher Genehmigung des Rowohlt Verlags. Nachdem Stoffel während des Flugs entdeckt wird, rettet er erst einmal die Reisenden: Er repariert eine Höhensteuerleine, die sich verklemmt hat. Dazu ist er als einziger im Stande, weil er nur 36 kg wiegt und nur 1,28 m groß ist. Ein höheres Gewicht hätte die Außenhülle des Zeppelins nicht ausgehalten (S. 73, 75). Dabei hängt er kurzzeitig an einer Leine des Zeppelins in der Luft – das sieht man in der eingangs präsentierten Skizze in Erika Manns Manuskript. Möglicherweise hatte sie Ricky Hallgarten, der die Illustrationen im „Stoffel“ anfertigte, anhand der Skizze ihre Geschichte erzählt. Am Ende der Rettungsaktion sagt der Kapitän zu Stoffel: „Du bist ein mutiger Zwerg.“ (S. 76) Und damit zeigt sich einmal mehr, dass Mut nichts mit Alter oder Größe zu tun hat, wie dies ja auch bei Pippi Langstrumpf oder dem Bärtierchen der Fall ist, das von München bis nach Friedrichshafen gereist ist (vgl. Teil 1). Anfang des 20. Jahrhunderts bekam man mit so einer „Anhalter“-Aktion viel mediale Aufmerksamkeit. Zeitungen aus aller Welt berichteten über die blinden Passagiere, die oftmals ihr Leben riskierten. Überlebten sie die Aktion, war ihnen Ruhm und Ehre gewiss. Brettspiel „Der blinde Passagier im Zeppelin“, Zeppelin Museum.
Foto: Tatjana Dietl. Im Zeppelin Museum in Friedrichshafen wird ein Brettspiel „Der blinde Passagier im Zeppelin“ ausgestellt, auf dem ein Junge wie Baron Münchhausen auf der Kanonenkugel auf einem Zeppelin durch die Lüfte reitet. Zwar ist das Jahr der Herstellung des Spiels nicht bekannt, doch legt die verwendete Typografie in Schreibschrift und Stickoptik nahe, dass es in den späten 1920ern oder frühen 1930ern hergestellt wurde. In Anbetracht der medialen Aufmerksamkeit, die Clarence erhielt, wird es zeitnah zu seiner Reise hergestellt worden sein. Vielleicht kannte Erika Mann dieses Spiel neben den Zeitungsnachrichten – oder wurde das Spiel vielleicht sogar von ihrem Buch beeinflusst? Zum Zeitpunkt von Terhunes Reise war Erika Mann erst wenige Monate – Mitte Juli – von der Weltreise mit ihrem Bruder Klaus nach Deutschland zurückgekehrt, von der ich im ersten Teil erzählte. Auch Stoffel wird nach seiner Entdeckung zum Küchenjungen befördert – ebenso wie der echte blinde Passagier Terhune, der die restliche Zeit mit dem Schälen von Kartoffeln und ähnlichen Aufgaben verbringen musste. Bereits während des Rückflugs nach Friedrichshafen erhält er jedoch Stellenangebote, wie in der Abendausgabe der Berliner Börsen-Zeitung vom 31.10.1928 berichtet wird: Die Aachener Zweigstelle der Firma Leonhard Tietz A.-G., eine damals bekannte Warenhauskette, bietet ihm eine sofortige Anstellung in ihrem Geschäft an. Die Hamburger Firma Carl Hagenbeck, bekannt für Tierpark, Zirkus und Völkerschauen, will ihn als Raubtierdompteur anstellen. Nach einer kurzzeitigen Festnahme wegen fehlendem Pass nach der Landung wurde er in der Presse gefeiert. Sich ihren Lebensunterhalt und die Reisekosten zu verdienen, das war auch für die Geschwister Erika und Klaus Mann während ihrer Weltreise ein Thema. Sie hielten sich mit Vorträgen, der Herstellung von Artikeln in der „Aufsatzfabrik“, dem Verkauf von Fotos und mit per Telegramm angefordertem Geld von Freunden und Familie über Wasser. Vor Beginn der Reise hatten sie sich als Zwillinge ausgegeben, da man ihnen sagte, dass jeder in Amerika einen Spleen habe müsse. Es fiel ihnen kein anderer ein. In der Zeitung The World vom 21. Oktober 1927 werden sie daher als „Thomas Mann’s Twin Children Arrive for America Tour“ angekündigt. In dem von den Geschwistern über die Reise verfassten Buch „Rundherum“ schildern beide, wie sie mit dem Transatlantikliner in New York ankommen. (S. 11) Während Stoffels Zeppelinflug erfolgt die Rezeption der Reise bereits in der Luft: „die Zeitungsschreiber (…) schrieben schöne Aufsätze über die ganze Reise, und vielleicht würde sogar er, Stoffel, drin vorkommen, wenn er artig wäre.“ (S. 84) Als der Zeppelin mit den Passagieren und Stoffel schließlich sicher in New York landet, berichtet die (fiktive) Deutsche Staatszeitung darüber: „‚Christoph entdeckt Amerika zum zweitenmal … Tapferer kleiner Deutscher rettet Luftschiff aus schwerer Gefahr … Des kleinen Christoph Bartel Todesritt … Stoffel überm Meer!‘“: (S. 103) Luftschiff LZ 127 „Graf Zeppelin“, Modell, 1928, Maßstab 1:250, Inv.-Nr. 76474. Foto: Deutsches Museum / K. Mosch. Das Deutsche Museum besitzt zwei Modelle der 237 Meter langen „Graf Zeppelin“, die eine Höchstgeschwindigkeit von 110 Kilometer in der Stunde erreichen konnte. Neben einem Modell mit dem Maßstab 1:50 (DMO, Inv.-Nr. 73970) gibt es auch ein kleineres Modell im Maßstab 1:250, das knapp einen Meter lang ist. Beide Modelle wurden 1928 bis 1937 in Friedrichshafen gebaut. Und es gibt sogar noch originale Stücke des Bespannstoffs der „Graf Zeppelin“, die im Deutschen Museum aufbewahrt und zum Teil auch ausgestellt werden (DMO, Inv.-Nr. 80505). Stück vom Bespannstoff des Luftschiffes LZ 127 "Graf Zeppelin", Friedrichshafen, ca. 1936, Deutsches Museum, Inv.-Nr. 80505. Foto: Deutsches Museum / A. Göttert. Die Hülle des Luftschiffs bestand laut Angaben des früheren Kurators des Fachgebiets „Historische Luftfahrt“, Hans Holzer, aus einem 110g/m² schweren Baumwollstoff. Dieser wurde nach der Aufbringung auf das Gestell des Luftschiffs zur Glättung mehrmals mit dem transparenten Spannlack Cellon angestrichen, einem Gemisch aus Celluloseacetat und Campher. Das Cellon war mit Aluminiumpulver vermengt, damit das Sonnenlicht reflektiert wurde, um eine zu hohe Erwärmung des Luftschiffs und vor allem seines Gases zu vermeiden. Auch galt es, Nässe abzuhalten , damit das Luftschiff nicht zu schwer wird. Bereits beim Anblick des Stoffstücks kann man sich vorstellen, wie schön silbrig das Luftschiff bei Sonnenschein am Himmel geglänzt haben muss. Zeppelin-Bugspitze des Luftschiffs LZ 127, Deutsches Museum, Inv.-Nr. 70696. Foto: Deutsches Museum / C. IIling. Und dann bewahrt das Deutsche Museum noch ein großes Objekt auf, das bis auf die Aluminiumspitze mit einem solchen Stoff bespannt war: Die originale Bugspitze des Luftschiffs LZ 127 „Graf Zeppelin“ (DMO, Inv.-Nr. 70696). Die Bugspitze der "Graf Zeppelin" konnte 1940 während der Verschrottung des Luftschiffs gerettet werden. Heute hängt sie im Deutschen Museum in der Ausstellung „Historische Luftfahrt“ an der Decke. Die Bugspitze soll in der neu geplanten Ausstellung „Historische Luftfahrt (bis 1918)“ im Deutschen Museum virtuell belebt werden. Und nun sehen wir noch einmal nach, was Stoffel in der Zwischenzeit tut: „Er schaute aus dem Fenster und über den See. Am anderen Ufer, drüben, wo die Sonne unterging, gab es ein großes Glitzern und Leuchten, als ob da lauter Spiegel wären, die strahlten das Licht zurück. Stoffel wußte aber, daß es nur das Blechdach der riesenhaften Halle war, die man für das Luftschiff gebaut hatte, damit es darin ausruhen könnte nach langem Flug.“ (S. 19) Hier wurden die Zeppeline gebaut: In der Werft der Luftschiffbau Zeppelin GmbH in Friedrichshafen am Bodensee, Diorama, Deutsches Museum, München 1958, DMO, Inv.-Nr. 73927. Foto: Deutsches Museum. Wo und wie die Zeppeline 1926 gebaut wurden, kann man sich im Deutschen Museum an dem Diorama „Zeppelin-Luftschiffwerft in Friedrichshafen“ genauer ansehen, das 1958 angefertigt wurde (DMO, Inv.-Nr. 73927). Genaueres zu diesem und vielen weiteren Dioramen findet man in einem umfangreichen Dioramenkatalog des Deutschen Museums , der 2017 erschien. Zeppelin Museum, Friedrichshafen, 2020. Foto: Tatjana Dietl Heute befindet sich im ehemaligen Hafenbahnhof in Friedrichshafen am Bodensee das Zeppelin Museum. Wer jetzt noch mehr zum Thema Zeppelin wissen möchte, der kann sich die Ausstellung „Vernetzung der Welt. Pionierfahrten und Luftverkehr über den Atlantik“ ansehen, die anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der ersten Nordatlantiküberquerung mit einem Luftschiff konzipiert wurde. Da jedoch seit ein paar Tagen in Deutschland wegen COVID-19 alles anders ist, haben Museen geschlossen; für wie lange ist ungewiss. Doch ist das Konzept der Ausstellung auch online verfügbar: Ein drei Meter langes, interaktives Schnittmodell des Luftschiffs R34, das 1919 als erstes den Atlantik überquerte, bildet den Mittelpunkt einer multimedialen Inszenierung. Dort steht auch die Backbordmotorgondel der „Graf Zeppelin“. Außerdem lassen sich die Stationen der Weltumrundung im Blog des Zeppelin Museums nachlesen. Zeugnisse von analoger Kommunikation über den Atlantik: An Adressen in Deutschland aus dem „Graf Zeppelin“ gesendete Briefpost aus Bolivien und Uruguay, 1932 und 1936, zu sehen in der Wunderkammer des Zeppelin Museums, Friedrichshafen. Foto: Tatjana Dietl. In der dortigen Wunderkammer wird anhand von originalen Briefen gezeigt, wie weit die „Graf Zeppelin“ später noch geflogen ist: 1932 und 1936 gab es Südamerikafahrten, wovon Luftpost zeugt, die mit dem Zeppelin nach Deutschland transportiert wurde – vielleicht in einem Sack wie dem, in dem sich Stoffel auf seiner Reise nach Amerika versteckt hatte. Und damit schließlich noch einmal zurück zu den Beständen des Deutschen Museums: Denn wie der erste Teil begonnen wurde, so endet er auch: Mit dem analogen Kommunikationsmedium Postkarte, das an das Deutschen Museum gesendet wird: Die Postkarte, die Oskar von Miller am 28. September 1929 an seine Mitarbeiter im Deutschen Museum schrieb und als „Luftschiffpost“ deklariert aus der „Graf Zeppelin“ warf, Deutsches Museum, Archiv, HS 8081. Foto: Deutsches Museum / R. Krause. Am 28. September 1929 fuhr der Gründer des Deutschen Museums, Oskar von Miller (1855–1934), vermutlich ab Friedrichshafen mit der „Graf Zeppelin“. Dies ist bekannt, weil er aus dem Luftschiff über München eine Postkarte warf, auf der er um 8:30 Uhr seinen Mitarbeitern – meine Kollegen in der Vergangenheit (damals ganz überwiegend Männer) – herzliche Grüße ausrichtete. Vorder- und Rückseite der Hülle, in der die Postkarte über München aus dem Zeppelin geworfen wurde. Foto: Deutsches Museum / R. Krause. Der Finder hat die Karte dann wahrscheinlich – wie vom Museumsdirektor auf dem Umschlag vorgeschlagen – persönlich beim Museum vorbeigebracht, wo sie bis heute im Archiv aufbewahrt wird (Deutsches Museum, Archiv, HS 8081). Siehe hierzu auch den Blogbeitrag zum 10. „Tag der Archive“ am 7. März 2020 zum Thema „Von der Depesche zur E-Mail“ . Was Oskar von Miller konnte, das können Sie doch auch: Schreiben Sie Ihren Omas und Opas, wenn Sie sie jetzt schon nicht besuchen können! Schreiben Sie Ihren Nichten und Neffen, die sich vor lauter Schulfrei langweilen! Schreiben Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen, die im Homeoffice sind, damit Sie noch etwas Haptisches voneinander haben! Oder werfen Sie noch einmal wieder eine Flaschenpost ins Wasser und schauen Sie, bei wem sie ankommt. Helfen Sie sich gegenseitig und bleiben Sie alle gesund! Solidarität hätte auch Erika Mann gefallen: „Das einzige ‚Prinzip‘, an das ich mich halte, ist mein hartnäckiger Glaube an einige grundlegende moralische Ideale – Wahrheit, Ehre, Anstand, Freiheit, Toleranz.“ (Erika Mann, 1943) Literatur:
- Erika Mann: Stoffel fliegt übers Meer. Reinbek bei Hamburg 2018. (Nach der Originalausgabe von 1932)
- Erika und Klaus Mann: Rundherum. Abenteuer einer Weltreise. Nachwort von Uwe Naumann. Reinbek bei Hamburg 2017.
- Wilhelm Füßl, Andrea Lucas, Matthias Röschner (Hg.): Wirklichkeit und Illusion. Dioramen im Deutschen Museum. München 2017. (Kat. 40, S. 118f.; S. 198f., Kat. 90.)
- Horst Kleinert: Traumreisen mit dem Luftschiff. Aufstieg, Fall und Rückkehr der Zeppeline. Lüneburg 2017.
Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Steigt man in der Ausstellung „Schifffahrt“ die Treppe am Ewer "Maria" herab, so gelangt man in das etwas verborgene Untergeschoss. Dort kann man bei Möwengekreisch auf dem Deck eines Passagierschiffs in Liegestühlen auf die Nordsee vor Helgoland schauen und sich in die Ferne sehnen. Gleich um die Ecke sieht man, mit welchen
Navigations- und Zeitmessinstrumenten die Seefahrer auf den sieben Weltmeeren jahrhundertelang den Kurs hielten.